Grefe, U, (2007)
3+4=8 Vergraben und verschüttet sind
meine Worte.
von
Dörte Hessler
Dieses Buch,
das in der ersten Auflage 1997 erschien, besteht aus mehreren Unterteilen. Nach
einem Vorwort des Herausgebers, folgt der Hauptteil des Buches, in dem der
Autor seinen Kampf gegen die Folgen eines hämorrhagischen Insults schildert.
Daran schließt sich ein Interview mit dem Autor an, durchgeführt von dem
Herausgeber der Edition Steiner im Schulz-Kirchner-Verlag, Jürgen Steiner und dem
Logopäden des Autors, Thomas Babbe. Mit der dritten Auflage (2004) wurde das Buch
durch eine kurze Ruckschau auf die Zeit seit der ersten Auflage und ein weiteres
Interview (geführt von Louise Springer) ergänzt. Grefe erlitt
1989, 34-jahrig, eine Hirnblutung. Als er nach einigen Tagen im Koma wieder
aufwachte, konnte er weder sprechen noch sich bewegen. Das ist der Ausgangspunkt
für dieses Buch. Im Fokus steht vor allem der mühsame und langsame Kampf
Grefes, seine Sprache zurück zu gewinnen. Nachdem anfänglich eine globale Aphasie
und eine Sprechapraxie es nicht ermöglichten sich überhaupt verbal zu äußern,
erschienen schon die ersten Silben (nach sechs Wochen) und schließlich Wörter
und Sätze als ein unglaublicher Fortschritt. Dass es Grefe
jemals wieder möglich sein wurde, sich beinahe problemlos zu unterhalten, ein
Buch zu schreiben und schließlich sogar Lesungen zu veranstalten, hatte zu dem
Zeitpunkt niemand vermutet, am wenigsten wohl der Autor selbst. Dies ist auch
einer der Grunde, warum Grefe das Buch geschrieben hat: Er will andere
motivieren, ihnen die Hoffnung geben, dass auch beinah aussichtsloses möglich
sein kann. Er selbst hatte in den ersten Wochen sehr mit seinen Einschränkungen
und mangelnder Motivation zu kämpfen, wollte nicht mehr leben. Ihm wurde durch
Ärzte und Therapeuten geholfen die Motivation wiederzuerlangen, den Kampf
aufzunehmen. Mit seinen
Erfahrungen will er darum anderen Mut machen. Allerdings denke ich, dass dies
auch einer der Punkte ist, die an diesem Buch kritisch angemerkt werden müssen.
Es handelt sich hier um ein Einzelschicksal, eine persönliche Geschichte, die natürlich
auch sehr subjektive Erlebnisse schildert. Es wäre falsch, bei Patienten und
vor allem Angehörigen, den Eindruck zu
erwecken, dass alles möglich ist, wenn man es nur will. Sicherlich ist
Motivation ein wesentlicher Faktor, aber nicht jeder ebenso motivierte Patient
mit einer globalen Aphasie (und Sprechapraxie), wird die gleichen Erfolge erlangen
können wie Uwe Grefe. Natürlich kann man dem Autoren nicht vorwerfen, dass
seine Darstellung der Aphasietherapie und -rehabi|itation nicht objektiv ist,
da dies nie das Ziel des Buches war und eine persönliche Geschichte
zwangsläufig subjektiv ist. Darüber
hinaus es ist auch gerade die persönliche Darstellung des Geschehenen, die das
Buch so interessant macht. Es muss einem allerdings klar sein, dass es sich um
die persönlichen Erfahrungen eines einzelnen Menschen handelt, dessen Erfolge
man sich sicher zur Motivation machen kann, so lange das Bewusstsein erhalten
bleibt, dass jeder Patient anders ist. Denn neben Angehörigen und Betroffenen,
der eigentlichen Zielgruppe,
wird das Buch auch von vielen Therapeuten gelesen, die sich dadurch erhoffen,
einen Einblick in die andere Seite der Aphasie zu bekommen, der durch das
(nicht immer positive) Erleben der Therapie geprägt ist. Für Therapeuten
ist das Buch eine Chance zu verstehen, was in einem Patienten eigentlich
vorgeht, wenn er zum X. Mal hört, dass er „nur üben“ muss. In den
Interviews, die im Anschluss an den Text folgen, werden noch offene Fragen des
Herausgebers und des Logopäden besprochen. Dies war dazu gedacht, das Buch
abzurunden, allerdings finde
ich, dass vor allem das erste Interview wenig Neues hinzugefügt und eigentlich hauptsächlich
wiederholt, was schon im vorangehenden Text zu lesen war. Interessanter
ist dagegen das zweite Interview, welches Luise Springer mit Grefe führte, da
es 7 Jahre (nach Erscheinen der ersten Auflage des Buches geführt wurde und
somit auch darauf eingehen kann, wie das Erscheinen des Buches und die damit
verbundene Aufmerksamkeit das Leben des Autoren verändert hat. Alles in
allem ist Grefe ein recht interessantes Buch gelungen, das den Einblick in die
Gefühlswelt eines Aphasiepatienten erlaubt und somit den Therapeuten erinnert,
dass ein Patient nicht nur aus AAT-Werten besteht, sondern viele andere Aspekte
berücksichtigt werden müssen.
Grefe, U.
(2007). 3+4=8. Vergraben und verschüttet sind meine Worte.
Idstein: Schulz-Kirchner
Verlag, 4. Auflage 148 Seiten, kartoniert,
ISBN: 978-3-8248-0453-5, 21,95 €
|